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Die Geschichte eines Waldenser-Mädchens im Odenwald um 1900
Ein altes Fachwerkhaus im Odenwald und ein längst vergessenes Poesie-Album mit guten Wünschen, in schönster Sütterlin-Schrift in das Freundschaftsbuch
geschrieben, geben Rätsel auf :
Wer war jenes Mädchen namens Natalie Rambaud, dem das Buch gehörte? Was lässt sich heute noch erfahren über ihr Leben und das Schicksal jener Menschen, die vor mehr als 100 Jahren in der
Waldenser-Kolonie Rohrbach, Wembach und Hahn „Zum Andenken!“ in das Jugendstil-Album geschrieben haben?
Mit Originalabbildungen der Seiten, Informationen zu Großherzog Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt und der Geschichte der Waldenser im Odenwald.
Das Poesie-Album eines Waldenser-Mädchens gibt Aufschluss über die Geschichte der Menschen im Odenwald um 1900.
Seite aus dem Poesiealbum
Seite 20
Zum Andenken
Willst Du Dir ein schönes Leben zimmern,
darfst um das Vergnügen Dich nicht kümmern.
Vor allem darf Dich nichts verdrießen,
musst stets die Gegenwart genießen.
Besonders keine Menschen hassen
Und die Zukunft Gott überlassen.
Zur Erinnerung an die Weihnachten 1902
von Deiner Freundin
Sannchen Pra (30)
Rohrbach, den 25/12 1902
30. Pra, Sannchen (Susanna Katharina):
Sie wurde als Tochter von Johannes und Margaretha Pra 1883 in Rohrbach geboren. Die Eltern hatten eine Bäckerei. 1907 heiratete Sannchen den Landwirt, Metzger und Gastwirt (Deutsches Haus) August
Perron (1881 – 1964). Aus dieser Ehe gingen die beiden Söhne Georg und Philipp und die Tochter Mariechen hervor. Susanna war eine Nachbarin der Rambauds, die nach den Verwandten als erste in das neue
Album von Natalie schreiben durfte. Sannchen starb am 7.4.1917 mit 34 Jahren. 1918 heiratete ihr Witwer August Perron in 2. Ehe Katharina (Käthchen) Jayme, geb. 1895, die ebenfalls ins Album schrieb
(16). Die beiden hatten eine 1919 geborene Tochter Käthchen.
Auszug aus der Geschichte der Odenwälder Waldenser
Die Schule:
Bis 1799 wurden Rohrbach, Wembach und Hahn von einem Lehrer unterrichtet und zwar bei schönem Wetter im Rohrbach, bei schlechtem Wetter morgens in Rohrbach, mittags in
Wem-bach. Ab 1799 bekamen Wembach und Hahn einen eigenen Lehrer.
Der Schulunterricht wurde in französischer Sprache abgehalten, anfangs im Jagdhaus, dann in Privathäusern und anschließend in „Schulfranze“ (Schulst.1), bis 1900 das neue Schulhaus gebaut und 1901
bezogen wurde. Bis 1824 mussten die Kinder der deutschen Familien nach Ober-Ramstadt zur Schule laufen. Danach wurde die deutsche Schule mit der der Waldenser ver-eint. Der Unterricht erfolgte nun in
deutscher Sprache.
Heute erinnern nur noch die französischen Namen der Einwoh-ner und ihrer Gründerfamilien Bergoint, Bermond, Bert, Berta-loth, Bonin, Borell, Flott, Gaygoul, Griot, Guyot, Heleine, Jay-me, Lantelme,
Moutoux, Pastre, Perron, Pra und Rambaud sowie die Ordnung des Gottesdienstes an die Heimat der Waldenser.