Artikel im Ried-Echo vom 20.6.2014

Geschichten aus dem Riesengebirge

Hofgut Guntershausen – Förderverein und Hessenforst bieten Sitzkissenlesungen und Führungen für Schulkinder

Sitzkissenlesung: Claudia Blum-Borell erzählte Stockstädter Grundschülern im Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen eine Volkssage aus dem Riesengebirge.  

Foto: Robert Heiler

Bei einer gemeinsamen Aktion von Förderverein Hofgut Guntershausen und Hessenforst erleben Schüler Sitzkissenlesungen und Führungen im Verwalterhaus und dürfen

im neuen Umweltbildungszentrum auf Entdeckungstour gehen.

STOCKSTADT. Na, wenn das mal nicht passt. „Wie alt bist Du denn?“, möchte Claudia Blum-Borell von einem Mädchen im Sitzkissenkreis wissen. „Acht Jahre“, verkündet diese stolz. „Genauso alt wie das Mädchen Helene, von dem ich euch jetzt erzählen will“, freut sich die Vorleserin – und wundert sich über all die lachenden Gesichter ringsum. Klassenlehrerin Katharina Häferle klärt sie auf: Das fiktive und das Stockstädter Mädchen haben nicht nur dasselbe Alter, sondern auch denselben Vornamen.

Doch damit enden zur Erleichterung aller auch die Parallelen. Schließlich ist die Helene in der von Blum-Borell neu erzählten und illustrierten tschechischen Volkssage eine arme Köhlertochter im Riesengebirge und muss sich nach dem Tod der Mutter um ihre fünf kleinen Geschwister kümmern. Bis sie sich in ihrer Not an den Berggeist Krakonoš wendet – in Deutschland bekannt unter dem Namen Rübezahl.

An sechs Schultagen besuchen insgesamt vier Klassen der Astrid-Lindgren-Schule aus Groß-Gerau und acht der Insel-Kühkopf-Schule Stockstadt das Hofgut Guntershausen auf dem Kühkopf. In einer gemeinsamen Aktion des Fördervereins Hofgut Guntershausen und von Hessenforst gibt es für die Kinder nicht nur eine Sitzkissenlesung und Führung durch das Verwalterhaus, sondern sie erleben auch das neue Umweltbildungszentrum mit der Ausstellung „Mitten im Fluss“.

Jetzt sind Stockstädter Grundschüler zu Besuch. Während die Klasse 2a gebannt den Abenteuern der tüchtigen Helene folgt und Blum-Borell mit Fragen zum Rheindurchstich und dem 1908 beim Kornsand notgelandeten Zeppelin löchert, geht es für die Vorklasse mitten hinein in die Natur. „Viele waren seit der Eröffnung schon mit ihrer Familie hier und wundern sich nun, dass sie bei einer Führung doch noch so viel Neues entdecken“, schmunzelt Peter Hahn von Hessenforst.

Hahn lässt die Vorschüler ins Röhricht blicken, bis sie die echte – wenn auch tote – Ringelnatter erspäht haben. Gemeinsam wird gerätselt, warum Enten wohl so breite, Kormoran und Graureiher dagegen so spitze Schnäbel haben. „Und schon haben sie wieder Sachen entdeckt, die sie vorher noch nicht gesehen haben“, freut sich Peter Hahn anschließend.

Seine Führungen passt er dem jeweiligen Alter der Besucher an. Da die Vorschüler noch nicht lesen können, schickt er sie ganz handfest auf Entdeckungsreise. Die Kinder suchen am täuschend echt gestalteten Baum nach den Klappen und Schubern, die einen Blick auf das Innenleben hinter der Rinde erlauben, mitsamt Fraßspuren von Käfern und Larven. Und wundern sich, wie winzig die Fledermaus in dem schließlich auch gefundenen Baumspalt ist.

Schnell haben die Jungen und Mädchen am großen Hochwassermodell im ehemaligen Schweinestall ihren Wohnort samt Schule entdeckt und dürfen per Knopfdruck Kühkopf und Knoblochsaue fluten. Rote und gelbe Lichter zeigen eindrucksvoll, was noch alles unter Wasser stehen würde, gäbe es die Dämme nicht.

So beeindruckend die Ausstellung auch ist, legt Hahn doch großen Wert darauf, dass die Schüler auch das große Vorbild direkt vor der Haustür erleben. Und so geht es auch noch auf Entdeckungstour direkt in die Natur beim Hofgut, bevor die Kinder nach einer Stärkungspause Claudia Blum-Borell im Verwalterhaus besuchen. Jetzt machen sie es sich auf den Sitzkissen bequem. Für sie hat das Mitglied im Vorstand des Fördervereins die Geschichte der winzigen Lilja Lilienkind bei den Trollen im Blaubeerwald ausgesucht und zeigt dazu die liebevoll selbst gestalteten Illustrationen ihres Buchs.